Faire Verteilung von Sorgearbeit in den Koalitionsvertrag

Pressemitteilung
Berlin, 28. Februar 2022


Die faire Verteilung von Sorgearbeit muss erklärtes politisches Ziel werden
Vor dem Hintergrund von Equal Care Day, Equal Pay Day und Internationalem Frauentag veröffentlicht das Bündnis Sorgearbeit fair teilen seine Bewertung des Koalitionsvertrags. Trotz begrüßungswerter Vorhaben der Koalition sieht das zivilgesellschaft-liche Bündnis Defizite und fordert von der Bundes-regierung umfassendere Maßnahmen zur Schließung der Sorgelücke.
Frauen leisten noch immer täglich durchschnittlich 1,5 Stunden mehr Sorgearbeit als Männer. In der Pandemie hat die Belastung von Frauen noch einmal zugenommen. Von echter Chancengleichheit kann also keine Rede sein. Der Schlüssel zu einer geschlechtergerechten Zukunft liegt in der fairen Verteilung von Sorge-, Haus- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern.
„Wir begrüßen das Bestreben der Koalition, in diesem Jahrzehnt die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Schließung der Sorgelücke zentrales politisches Ziel wird.“
Der Koalitionsvertrag macht mit der Einführung einer Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten, der zehntägigen bezahlten Freistellung rund um die Geburt für Väter und zweite Elternteile sowie der öffentlichen Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen aus Sicht des Bündnisses gleichstellungs- und familienpolitisch einen erkennbaren Schritt nach vorne, lässt aber einen umfassenden und konsistenten gleichstellungspolitischen Wurf vermissen.


Es fehlt ein Maßnahmenkatalog ohne Zielkonflikte, der Frauen und Männer gleichermaßen adressiert und ihnen ermöglicht, ein existenzsicherndes Einkommen zu erwirtschaften und gleichzeitig ihrer Sorgeverantwortung nachkommen zu können.
Besonders problematisch ist die vorgesehene Erhöhung der Mini- und Midijob-Grenzen auf 520 bzw. 1.600 Euro. Zwei Drittel der Minijober*innen sind Frauen. Die von der Koalition geplante Anhebung der Einkommensgrenzen führt zu einer Ausweitung dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse, die dem Ziel der kurz- wie langfristigen eigenständigen Existenzsicherung von Frauen eklatant zuwiderläuft.
Nachbesserungsbedarf sieht das Bündnis u. a. auch beim Steuerrecht. Zwar ist die geplante Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV ein erster Schritt; dieser bleibt jedoch unzureichend. Notwendig ist die Einführung einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag, um die existenzsichernde Erwerbstätigkeit von Frauen in einer Ehe zu fördern.
Die ausführliche Bewertung und die Forderungen der Bündnismitglieder an die Koalition sind online verfügbar.