Minderheitsregierung: Neue Chancen für das Gewalthilfegesetz und weitere wichtige gleichstellungspolitische Vorhaben
Gewalthilfegesetz muss jetzt kommen:
- Ausbau und finanzielle Absicherung von Beratungsstellen und Hilfeeinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen
- Schnellen und unkomplizierten Zugang zu Schutz, Beratung und Unterstützung – unabhängig vom Einkommen, Gesundheit, Wohnort, Sprachkenntnissen oder Aufenthaltsstatus
- Kostenfreiheit der Schutz-und Beratungsleistungen für von gewaltbetroffene Personen
- Ausbau der Täterarbeit als präventiven Ansatz zur Vermeidung weiterer Gewalt
- Individueller Rechtsanspruch auf Schutz und Begleitung
Gewalthilfegesetz muss auf die Prioritätenliste
In den Statements des Kanzlers und anderer Regierungsmitglieder wird leider deutlich: Das Leben von Frauen und das gewaltfreie Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen steht nicht auf der Prioritätenliste.
„Das Gewalthilfegesetz hat dringendste Priorität und kann nicht zurückgestellt werden. Jetzt ist die Zeit, dieses Gesetz umzusetzen und gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder endlich ausreichend zu schützen und zu unterstützen!“ so Dr. Marie-Luise Löffler, Bundessprecherin der BAG.
In Deutschland fehlen fast 14.000 Plätze in Frauenhäusern, die Existenz der Einrichtungen ist wegen fehlender Finanzierung immer wieder bedroht. Das geplante Gewalthilfegesetz sieht u.a. eine Beteiligung des Bundes an den Kosten vor. Auch die Präventionsarbeit mit Tätern soll ausgeweitet werden. Deutschland hat ein massives Problem mit Gewalt an Frauen. Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von unterschiedlichen Gewaltformen; etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder durch ihren früheren Partner. Im letzten Jahr wurden 155 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet. Die ökonomischen Kosten dieser Männergewalt betragen etwa 54 Milliarden Euro pro Jahr.
Deshalb duldet das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gewalthilfegesetz keinerlei Aufschub. Es muss in der verbleibenden Zeit der Regierung verabschiedet werden. Mit der Online-Petition „Geld oder Leben. Gewaltschutz kostet Geld und rettet Leben“ wird seit vielen Wochen mit mittlerweile über 25.000 Unterschriften deutlich: die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist ein Anliegen Vieler und darf nicht länger aufgeschoben werden.
Nach der Entlassung Christian Linders als Finanzminister sehen wir in der Minderheitsregierung von SPD und Bündnis 90/die Grünen neue Chancen wichtige gleichstellungspolitische Projekte mit zusätzlichen Haushaltmitteln noch bis zu den Neuwahlen auf den Weg zu bringen. Dazu gehören neben dem Gewalthilfegesetz der Gleichstellungs-Check für alle Gesetze, die Steuergutschrift für Alleinerziehende, kostenlose Verhütungsmittel für Geringverdienende, die Familienstartzeit und die Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch. Insbesondere Finanzminister Lindner verweigerte Finanzmittel für wichtige soziale Investitionen wie etwa für die Kindergrundsicherung und setze durch, dass durch das Ehegattensplitting noch bis 2030 ein Familienmodell von gestern subventioniert wird, während es keine steuerlichen Entlastungen für Alleinerziehende gibt. Doch nach den ersten Erklärungen des Kanzlers scheinen diese wichtigen Maßnahmen auch weiterhin nicht auf der Prioritätenliste zu stehen.
Wir fordern die Regierung dringend auf, diesen gleichstellungspolitischen Vorhaben hohe Priorität einzuräumen.
Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG)
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