Gemeinsamer Appell: Gleichstellungs-Check bei allen Gesetzen – jetzt!
Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V., Business and Professional Women (BPW), DaMigra, Deutscher Frauenring e.V. , Deutscher Frauenrat e.V., Soroptimist International Berlin Charlottenburg
- Gesetze müssen die Realitäten aller Geschlechter berücksichtigen.
- Gesetze dürfen die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht behindern.
- Auswirkungen von Gesetzen auf Frauen und Männer müssen vorab geprüft und regelmäßig
untersucht werden.
Kein Gesetz ist neutral und für alle gleich: Für Frauen haben Gesetze oft andere Auswirkungen als für Männer. Anlässlich der heutigen (5.11.) Vorstellung der Studie "Geschlechtergerechtigkeit im Aufenthaltsrecht?" durch die Bundesstiftung Gleichstellung fordern wir, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Gleichstellungs-Checks für alle Gesetze endlich verbindlich verankert und umgesetzt werden. In Deutschland gab und gibt es immer noch Gesetze, die Frauen schlechter stellen als Männer. Bis weit in die 1970er Jahre war es Frauen per Gesetz verboten, ohne die Zustimmung des Ehemannes eine Arbeit anzunehmen oder ein Konto zu eröffnen. Bis 1997 wurde im Strafgesetzbuch nur die außereheliche Vergewaltigung unter Strafe gestellt. Auch in der aktuellen Gesetzgebung werden häufig die Folgen für die Lebenssituation von annähernd der Hälfte der Bevölkerung nicht berücksichtigt.
Beispiel Aufenthaltsrecht
Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist in der Regel von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig. Die gleichstellungsorientierte Gesetzesfolgenabschätzung zeigt: Das stellt für Frauen aufgrund des Gender Pay Gaps, für Mütter aufgrund von Vereinbarkeitsproblemen und insbesondere für Alleinerziehende aufgrund der Doppelbelastung von Sorgearbeit und voller Erwerbstätigkeit eine besondere Belastung dar. Gerade mit Blick auf Migrantinnen würde ein Gleichstellungs-Check die Folgen in den Bereichen Arbeit, Schutz vor Gewalt und Bildung aufdecken. Frauen ohne sicheren Aufenthaltsstatus erhalten beispielsweise oft nicht den notwendigen Schutz vor Gewalt, da sie ihren gewalttätigen Partner aus Angst vor Abschiebung oder dem Verlust ihres Aufenthaltsrechts nicht verlassen können.
Beispiel Minijobs
Die Bundesregierung hat die Erhöhung des Mindestlohns mit der Anhebung der Verdienstgrenze für Minijobs verknüpft. Beides (be)trifft vorwiegend Frauen: Der Mindestlohn trägt dazu bei, die Lohnlücke zu schließen. Doch die Minijobs stehen der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen nachweislich im Weg – bei der Entlohnung, der beruflichen Weiterentwicklung, der Rente und hinsichtlich der Absicherung im Fall von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit.
Beispiel Steuergesetze
Die aktuelle Gesetzgebung benachteiligt mit den festgelegten Steuerklassen seit Jahrzehnten Alleinerziehende und fördert traditionelle Arbeitsteilung durch das Ehegattensplitting. Ein Gleichstellungs-Check hätte die Benachteiligung von Alleinerziehenden frühzeitig gezeigt.
Beispiel Elterngeld
Die gesetzliche Regelung der Partnermonate (12+2 Monate) setzt Anreize, konventionelle Geschlechterbilder beizubehalten. Die Statistik zeigt, dass Frauen in der Regel länger Elternzeit in Anspruch nehmen als Männer - mit der Folge mangelnder finanzieller und sozialer Absicherung bis hin zur Alterssicherung.
Alle diese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit eines Gleichstellungs-Checks, der die oft unsichtbaren Benachteiligungen aufdeckt, die Frauen erfahren. Gezielte Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung können nur dann systematisch entwickelt werden, wenn diese Benachteiligungen sichtbar werden.
Die Bundesregierung hat nur noch neun Monate Zeit, den Gleichstellungs-Check auf den Weg zu bringen. Wir fordern, die Blockadehaltung aufzugeben und die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages endlich umzusetzen.
Die unterzeichnenden Verbände sind:
Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V.
Business and Professional Women (BPW)
DaMigra
Deutscher Frauenring e.V.
Deutscher Frauenrat e.V.
Soroptimist International Berlin Charlottenburg